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Legalisierung von Cannabis – Abschaffung eines unsinnigen Verbots?

4 Jan. 2022 von Raymond Renner

Nach Ansicht des Jugendrichters Andreas Müller gibt es für die Kriminalisierung von Cannabis keine Rechtsgrundlage. Alkohol sei wesentlich gefährlicher als die Blätter und Blüten der Hanfpflanze, ohne dass es dagegen ein vergleichbares Verbot gebe. Die von der Ampel-Koalition geplante Legalisierung unterstützt er und macht detaillierte Vorschläge zu ihrer Umsetzung. Eine zentrale Rolle spielen dabei Fachgeschäfte für Cannabis.

Richter legte Klage gegen Cannabis-Verbot ein

Ein zentrales Vorhaben der Koalition von SPD, Grünen und FDP besteht in der Legalisierung von Cannabis. Diesen Schritt begrüßen nicht nur viele Marihuana-Konsumenten, sondern auch der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller. Seiner Meinung nach ist es höchste Zeit für eine Entkriminalisierung des Rauschmittels. Deshalb hat der Jurist vor rund anderthalb Jahren Klage gegen das Cannabis-Verbot beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Er sieht vor allem einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und untermauert diesen mit Zahlen: „70.000 Alkoholtote jährlich allein in der Bundesrepublik Deutschland, weltweit kein Toter wegen Cannabis.“, so erklärt er im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur.

Müller zufolge habe die Verbotspolitik zu viele Opfer geschaffen. „Wir haben Millionen von Menschen mit Bußgeldern belegt, wir haben sie zu Geldstrafen verurteilt und wir haben weit über eine halbe Million Menschen in die Knäste gepackt. Das haben wir ohne Sinn und Verstand gemacht.“

Angefangen habe alles in den 1970er Jahren, als man noch die Auffassung vertrat, es handele sich um eine hochgefährliche Einstiegsdroge. „Damals vielleicht noch mit ein bisschen Berechtigung“, so Müller. Heute gebe es keine Argumente mehr für eine Prohibition.

Legalisierung kann Jugendschutz stärken

Weiterhin spricht sich der Jugendrichter gegen Warnungen aus, denen zufolge die Legalisierung mit einer gesundheitlichen Gefährdung der Jugend einhergehe: „Man würde sie nicht mehr gefährden als zum gegenwärtigen Zeitpunkt, in Wirklichkeit würde man sie schützen.“ Jugendlichen sei es heute an jeder Ecke möglich, Cannabis zu erwerben. Hier ist zudem immer damit zu rechnen, dass es sich um gestreckte Substanzen handelt, die unabsehbare körperliche Folgen verursachen können. Dennoch betont Müller, dass junge Menschen in ihrer Entwicklung „nicht unbedingt psychoaktive Substanzen zu sich nehmen“ sollten. Hauptsächlich gelte dies für Alkohol, aber auch für Cannabis und vergleichbare Rauschmittel.

Für die Ampelkoalition sieht Müller einen konkreten Handlungsbedarf auf Gesetzesebene. Neben einer Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes müsse es ein effektives Cannabis-Kontrollgesetz geben, das unter der Ägide der Grünen aber bereits ausgearbeitet werde. Dieses umfasse auch eine Regelung des Jugendschutzes. Demnach dürfe eine Freigabe erst ab 18 Jahren erlaubt sein und es müsse eine staatliche Kontrolle des Marktes geben.

„Da halte ich es für das Beste, das mit Cannabis-Fachgeschäften zu machen, wo Leute sitzen, die ausgebildet sind, die genau wissen, welches Cannabis am besten ist für diese oder jene“, so Müller. Relevante Faktoren seien hier etwa die Eignung der Substanz für kranke Menschen und der THC-Gehalt.

Apothekenverkauf suboptimal

Den Vorschlag des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner, den Verkauf an Apotheken abzugeben, findet der Jugendrichter nicht optimal. Ein Hauptproblem sieht er darin, dass sie von jedem betreten werden können, auch von Kindern. In Fachgeschäften für Cannabis hingegen befänden sich Schilder mit der Aufschrift „Erst ab 18“ am Eingang. Zudem vermittle eine Abgabe in Apotheken einen Beigeschmack des Kranken. Dem hält Müller entgegen: „Die Cannabis-Konsumenten sind nicht krank! Sie möchten nur ein anderes Mittel als Alkohol konsumieren.“

 

Bild: ©MKS/Adobe Stock

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