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Bier versus Cannabis: Die deutsche Drogenpolitik zwischen

26 Sep. 2022 von Raymond Renner
Fachartikel

Verteufelung und Verharmlosung

Wer sich die aktuelle Drogenpolitik in Deutschland ansieht, der hat sicher einige Fragen dazu. Während es Bier bereits ab 16 Jahren an jeder Tankstelle zu kaufen gibt, wird der Genuss von Cannabis bis zum heutigen Tag noch unter Strafe gestellt. Das lässt nur eine Vermutung zu: Während Alkohol scheinbar vollkommen harmlos erscheint und weder Suchtprobleme noch schwere körperliche Schäden verursachen kann, wird das Cannabis-Verbot genau mit diesen Argumenten aufrechterhalten. Verrückte Welt. Psychotherapeuten fordern jetzt ein generelles Umdenken in dieser Haltung.

Alkohol: Die verharmloste Droge zum Billigpreis

Wer sich in Deutschland betrinken möchte, kann dies rund um die Uhr. Einfach mal in die nächste Tankstelle mit 24h Öffnungszeit laufen und sich ein Sixpack gönnen. Auch die aktuellen Niedrigpreise laden dazu ein, sich ruhig mal ein Bier mehr zu kaufen. Kost ja nix. Zwar steigen die Bierpreise durch die Inflation mittlerweile merklich an, jedoch sind wir weit von den Preisen entfernt, die beispielsweise nordische Länder für den Kauf von Alkohol aufrufen.

 

Selbst wenn Bier-Liebhaber über aktuelle Bierpreiserhöhungen nicht gerade begeistert sind, so haben diese keinen politischen Hintergrund. Vielmehr stehen Lieferengpässe und die Post-Corona-bedingten Preisanpassungen der Gastronomie dahinter. Wer aber weiterhin fleißig Prospekte wälzt, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein attraktives Billigangebot für Bierkästen in einem nahegelegenen Supermarkt finden.

Psychotherapeuten fordern eine Reglementierung im Alkoholverkauf

Preiserhöhung hin oder her: Für ein Bier müssen Verbraucher weniger als einen Euro berappen. Zudem ist Alkohol ein fester Bestandteil im Produktsortiment der meisten Verkaufsstellen. In (fast) jedem Fußballstadion, auf Konzerten und Festivals ist die Liste der alkoholischen Getränke meist länger als die für Wasser & Co. Hochprozentiges ist fester Bestandteil unseres Alltagslebens.

 

Die Bundespsychotherapeutenkammer fordert aus diesem Grund neue Hürden für den Kauf und den Konsum von Alkohol sowie die Festlegung eines Mindestpreises für Alkohol sowie die Erhöhung einer Alkoholsteuer. Ein Vorschlag lautet, dass Alkohol nur noch in lizensierten Geschäften verkauft werden sollte – so wie es aktuell auch mit dem legalen Verkauf von Cannabis in der Planung steht.

Cannabis und Alkohol gleichstellen: Die Meinungen von Psychotherapeuten und Parteien

Bis heute steht der Besitz und der Konsum von Cannabis unter Strafe. Wer neben einem 16-Jährigen mit einem Bier in der Hand sitzt und zwei Joints in der Tasche hat, macht sich strafbar. Genau gegen diesen Wiederspruch lehnen sich die Psychotherapeuten in Deutschland auf und setzen sich für eine Gleichbehandlung beider Drogen ein.

 

Das Ziel muss es weiterhin sein, einen Missbrauch und eine Abhängigkeit von Rauschmitteln zu vermeiden. Das sind die Vorschläge, die für die Zielerreichung von der Bundespsychotherapeutenkammer gemacht wurden:

  • Alkohol und Cannabis nur in lizensierten Verkaufsstellen anbieten
  • Den Gehalt an THC in Cannabis-Produkten auf 15 % beschränken

Sie wollen mit der Legalisierung Cannabis keinesfalls verharmlosen, da ein Konsum beispielsweise Psychosen auslösen könne. Allerdings möchten sie mit der Forderung gleichzeitig der Realität gerecht werden, dass der Cannabis-Konsum trotz des Verbotes seit Jahren ansteigt.

 

Was sagt die Regierung dazu? Auch hier scheint der Widerspruch zwischen der Verharmlosung des Alkohols und der Verteufelung von Cannabis aufgefallen zu sein. Die Bundesregierung um die SPD, die Grüne und die FDP arbeitet aktuell an einem Konzept zur Cannabis-Legalisierung. Dabei spielt es sicher auch eine Rolle, dass dies Arbeitsplätz schaffen kann und zudem der Tatsache gerecht wird, dass auch Verbote nichts an dem Konsumverhalten ändern. Union und Grüne lehnen diese Vorschläge aktuell noch ab.

 

Man darf also gespannt sein, wie sich das Spannungsverhältnis Alkohol und Cannabis weiter entwickeln wird. Fakt ist: Sowohl Alkohol als auch Cannabis lassen sich nicht aus unserem Alltag verbannen. Daher sollte es das Ziel sein, die besten Voraussetzungen für ein verantwortungsbewusstes Konsumverhalten zu schaffen.

 

Bild: ©Sarah/Adobe Stock

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